Der Düsseldorfer Kö-Bogen - Eine kritische Beleuchtung

Kö-Bogen in Düsseldorf
Der Kö-Bogen in Düsseldorf, Foto: MichaelGaida / pixabay / CC0 Creative Commons

Als 1995 die neue Düsseldorfer Rheinpromenade eröffnet wurde, stand ich mit Tränen in den Augen am Burgplatz. Die natürliche Verbindung zwischen der Altstadt und dem Fluss war wieder hergestellt. Anstelle der stark befahrenen Durchgangsstraße mit ihren schmalen Gehwegen war nun Fläche für Menschen da. Möglich wurde das durch die Untertunnelung der späteren Promenade von der Oberkasseler Brücke bis zur Gladbacher Straße. Dieses Projekt war die Großtat der Düsseldorfer Stadtplaner nach den autofreundlichen Tamms-Desastern der fünfziger und sechziger Jahre, die der Stadt als einzig Positives eine Reihe ästhetisch ansprechender Rheinbrücken eintrug.

Jetzt geht es darum, eine der hässlichsten und menschenunfreundlichen Ecken der Stadt neu zu gestalten. Auch wenn die Planungsprotagonisten aus dem Umfeld der Erwinista gern und euphemistisch vom "Kö-Bogen" reden - verhandelt wird die Abschaffung des Jan-Wellem-Platzes. Wer Düsseldorf nicht kennt, wird kein Bild von diesem "Platz" haben, der keiner ist. Einfach ausgedrückt handelt es sich um die Freifläche zwischen der Schadowstraße und dem Hofgarten, der seit Jahrzehnten als Straßenbahn- und Buskontenpunkt dient. Das am Ende der Prachtmeile Königsallee. Das Gelände geht übergangslos in den so genannten Schadowplatz über, der eine kleine, wild beparkte Freifläche ist, und setzt sich unter der "Tausendfüßler" genannten Hochstraße als "Tuchtinsel" fort.Schon seit etwa 2000 wird an Planung für die Veränderung dieses Areals gewerkelt. Dabei standen von Anfang an unterschiedliche Ansätze und Vorstellungen gegeneinander. Einig waren sich alle Beteiligten in der Grundsatzfrage der Ästhetik: Der hässliche Jan-Wellem-Platz sollte weg. Aber schon bei Fragen der urbanen Gestaltung zeigten sich Konflikte. Grob gesagt plädiert die eine Seite für mehr Platz für Bürger, die andere für mehr Bauraum im Herzen der Stadt. Hinzu kamen auch Gegensätze bei der Verkehrsplanung. Sicher war und ist, dass der Straßenbahnverkehr in Ost-West-Richtung am Jan-Wellem-Platz nach dem Bau der U-Bahn im Zuge der so genannten "Wehrhahnlinie" wegfallen würde. Weitgehende Einigkeit bestand auch darin, den Autoverkehr zwischen dem Hofgarten und dem am Ende der Kö gelegenen Corneliusplatz zu beseitigen. Da es keine andere Möglichkeit für eine Ost-West-Verbindung in Richtung Altstadt gibt als die existierende Maximillian-Weyhe-Allee, die den südlichen vom nördlichen Hofgarten trennt, kam sehr früh eine Tunnellösung in Frage.

Und aus dieser Überlegung entstand unter der Leitung des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin ein Gesamtkonzept, das nun durch ein Bürgerbegehren aufgehalten werden soll. Ausgangspunkt war das Problem der Finanzierung von Straßentunneln. Denn wenn schon ein Ost-West-Tunnel gebaut werden müsste, dann brächte der Bau einer Nord-Süd-Untertunnelung des Areals noch mehr Fläche für die zukünftige Gestaltung. Wohlgemerkt: Zu diesem Zeitpunkt war vom "Kö-Bogen" noch nicht die Rede, sondern von einer Planung für den Jan-Wellem-Platz. Schnell wurde klar, dass eine weitgehende Untertunnelung Kosten erzeugen würde, die nicht einmal die Stadt Düsseldorf würde stemmen können. So brachte Joachim Erwin auf der Immobilienmesse Midem 2003 in Cannes eine Lösung für den so genannten "Kö-Bogen" ins Spiel. Die Idee: Würde die Stadt Teil des Areals an einen privaten Investor veräußern, könnte mit dem Erlös die gewünschte "große" Lösung finanziert werden. Anstatt aber auch öffentlich so zu argumentieren, wurde begonnen, mit einer jahrhundertealten Tradition des Kö-Bogens zu hantieren. Nun hieß es, es habe immer schon ein Verbindung zwischen dem Hofgarten und der Kö gegeben, die bogenfömig um den Teil des Parks mit dem "Landskrone" genannten Weiher gegeben. Aus dieser Sicht sei das Gebiet zwischen Schadowplatz und Hofgarten geradezu natürlicher Baugrund. Weiter wurde mit Hilfe aufwändiger Broschüren und Computeranimationen suggeriert, nur die Kö-Bogen-Lösung sei der Tradition von Königsallee und Hofgarten angemessen. Im Hintergrund wurden aber schon 2003 und 2004 Absprachen mit der Trinkaus-Bank, einer Tochter des globalen Bankengiganten HSBC, über den Verkauf der Grundstücke geführt. Nach der üblichen, demokratieallergischen Methode des OB sollten die Düsseldorfer Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Kern der Planung sind zwei 26 Meter hohe Baukörper mit schmalem Durchgang an der Stelle, an der sich heute die Straßebahn- und Busbahnsteige sowie die Verbindungsstraße von der Kaiserstraße in die Altstadt befinden. Diese Bauten sollten von der Trinkaus-Bank erstellt und genutzt werden - in den Erdgeschossen sind die üblichen Edelläden und Nobelcafés vorgesehen. Natürlich gibt es in der Erwin'schen Stadtphilosophie immer mehr zu bebauen. So wurde ebenfalls unter dem Signum "Kö-Bogen" klammheimlich ein Gebäude am Rande des Gustaf-Gründgens-Platzes und ein weiteres zwischen der Johanneskirche und dem Peek-und-Cloppenburg-Kaufhaus eingesetzt. Letzteres wäre nur möglich, wenn der so genannte "Tausendfüßler", eine unter Denkmalschutz stehende Hochstraße, die Kaiserstraße und Berliner Allee verbindet, fallen würde. Kurz gesagt lautet das Rezept: Gigantische Stadtveränderung durch Verkauf von Tafelsilber.

Nachdem sich erster Widerstand - zunächst aus dem Kreis der Architekten und Stadtplaner - regte, ließ der OB eiligst eine Bürgerbeteiligung organisieren. Nun sollten die Bürger, formlos und ohne bindende Wirkung, über die Fassadengestaltung der Bauten am Kö-Bogen abstimmen. Nur wenige Düsseldorfer waren blauäugig genug, sich an dieser Aktion zu beteiligen. Statt dessen bildete sich eine Bürgerinitiative, die unter dem Motto "Der Jan-Wellem-Platz gehört uns" verlangte, die bisherige Planung zu stoppen und einen städtebaulichen Ideenwettbewerb zu starten. Auf übliche Weise versuchte die regierende Kamarilla das geplante Bürgerbegehren zu verhindern - u.a. durch einen verwaltungsrechtlichen Trick, der aber von der Justiz kassiert wurde. Da aber in NRW Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung bei der Bebauungsplanung haben, entschied sich die Initiative, gegen den Verkauf der Grundstücke zu arbeiten. Würde der Verkauf verhindert, gäbe es keine Finanzsicherheit bei der Gesamtplanung, so die Überlegung der Bürger. Nun sind alle Düsseldorfer Bürger am 13.04.2008 aufgerufen, über den Verkauf abzustimmen. Die Frage lautet kurzgefasst: Sind Sie dafür, dass die Grundstücke NICHT verkauft werden? Wer also mit JA stimmt, wünscht, dass die Grundstücke im Besitz der Stadt verbleiben und so die Planung gestoppt bzw. aufgehalten wird, um Zeit für einen offenen Städtebauwettbewerb zu gewinnen, der möglicherweise ganz andere Lösungen umfassen würde, die mehr Bürgernähe und -freundlichkeit enthalten.

Alternative Konzepte gibt es bereits; allerdings sind diese samt und sonders nicht so detailliert wie die offizielle Planung der Erwinista. Es gibt Vorstellungen, den Hofgarten in Richtung Kö und Schadowplatz zu erweitern oder ebendiesen Schadowplatz mit angemessener Bebauung zum Platz zu fassen und die weitere Freifläche Richtung Hofgarten ohne Großbauten, dafür aber bürgerfreundlich und kulturorientiert zu nutzen. Auch das Tunnelkonzept ist umstritten, da alle Ein- und Ausfahrtrampen erhebliche städtebauliche Einschränkungen mit sich bringen. So würde die Rampe an der Elberfelder Straße - zwischen dem Parkhotel und dem historischen Kaufhofgebäude die Fußgängerverbindung zur Oper kappen, die Rampen an der Maximillian-Weyhe-Allee gingen auf Kosten von Hofgartenfläche, und die Rampe an der Schadwostraße könnte nur zu Lasten der Fußgänger realisiert werden. Kritisiert wird auch die Bebauung des Platzes vor dem Schauspielhaus - hier fordern Architekten schon seit Jahrzehnten eine geschlossene Lösung, die aus dem öden Platz eine belebte Fläche macht. Schließlich gibt es eine breite Front von Leuten, die gegen den Abriss des Tausendfüßlers sind, der ja auch eine Art Wahrzeichen für das Nachkriegs-Düsseldorf ist.

Meine Haltung ist: Ein eindeutiges JA zum Bürgerbegehren. Und zwar eindeutig mit dem Ziel, die Planung dieser einschneidenden Stadtveränderung auf breite, demokratische Füße zu stellen. Ich bin ganz eindeutig für die Umgestaltung des Geländes. Eine Verbindung zwischen Kö, Corneliusplatz und Hofgarten inklusive Angleichung der Niveaus, die Unterführungen überflüssig macht, fände ich ebenso toll wie ein Vergrößerung des Parks, mindestens um die Fläche, die heute von der Straße eingenommen wird. Ich bin gegen den Ost-West-Straßentunnel - ich halte die Planung in dieser Sache verkehrstechnisch für falsch. Die bestehenden Ost-West-Verbindungen an der Maximilian-Weyhe-Allee und an der Benrather Straße reichen aus. Einen Nord-Süd-Tunnel halte ich dagegen für sinnvoll, den Abriss des Tausendfüßlers im Zuge der Untertunnelung auch. Ich bin ganz eindeutig gegen 26 Meter hohe Bürobauten auf dem Jan-Wellem-Platz und für ein Zusammenwachsen der östlichen mit den westlichen Hofgartenteilen inklusive der Tieferlegung der Straßenbahn im Bereich zwischen Berliner Allee und Kaiserstraße. Ich plädiere zudem für eine von der Jan-Wellem-Platz-Angelegenheit abgetrennte Rundumplanung für den Gustaf-Gründgens-Platz. Und vor allem bin ich der Ansicht, dass alle diese Planungen nur unter massivster Einbindung der interessierten Bürger stattfinden dürfen. Deshalb werde ich am 13.04. mit JA stimmen.

Autor: Rainersacht

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