Erwins zwielichtige Vergabepraxis

  • SPD gegen Erwin: Zoff um Auftrag an Schüßler-Plan



    Arena-Lärmschutz: SPD kritisiert die Vergabe, Erwin spricht von "Sudelei".


    Düsseldorf. Acht Monate vor der Kommunalwahl wird die Stimmung im Rathaus immer gereizter. Im Hauptausschuss lieferten sich Montag SPD und Grüne auf der einen und Oberbürgermeister Erwin auf der anderen Seite einen wüsten Schlagabtausch. Der sachliche Anlass dafür war eigentlich geringfügig: Es ging um den Bau einer 180 Meter langen Lärmschutzwand auf dem Europaplatz für 1,25 Millionen Euro, mit der das "Dichterviertel" vor dem Lärm aus der ab 2005 bespielten Arena abgeschottet werden soll. Die Notwendigkeit dieser Wand zweifelte keine Fraktion an, gleichwohl wurde die Entscheidung auf Februar verschoben.


    Der Streit entzündete sich an dem Unternehmen, das den Planungsauftrag für weit unter 50 000 Euro bekam - die Firma "Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft". Die wiederum ist familiär eng mit Joachim Erwin verbunden: In der Geschäftsführung sitzen Erwins Schwager Norbert Schüßler und sein Schwiegervater Willi Schüßler. "Sehr merkwürdig", fand SPD-Fraktionschef Günter Wurm die Vorlage der Verwaltung zunächst, weil sie nur im Bauausschuss der Messe behandelt wurde und das städtische Rechnungsprüfungsamt sie nicht unter die Lupe nahm.
    Dann fragte Wurm: "War der hier aufgeführte Planungsauftrag an Schüßler ausgeschrieben?" Erst auf weitere Nachfragen antwortete Helmut Rattenhuber, Kämmerer und Baudezernent: "Nein, er war nicht ausgeschrieben. Das war laut Vergabeordnung, nach der Aufträge unter 50 000 Euro freihändig vergeben werden können, auch gar nicht nötig. Herr Erwin jedenfalls wusste gar nichts von dem Auftrag an Schüßler."


    Nun griff Annette Steller (SPD) an: "Im Zuge des Wirbels um Florian Gerster sind freihändige Vergaben ja ein heißes Thema, hätte man nicht gerade bei der Firma Schüßler sensibler vorgehen müssen, um jeglichen Verdacht auszuräumen?" Daraufhin wäre Erwin fast explodiert: "Ihre Partei sudelt und saut. Sie wollen mich persönlich verunglimpfen, indem Sie mich in die Nähe von Gerster rücken, aber das werde ich nicht hinnehmen. Und bei den Bürgern kommen Sie damit auch nicht durch."


    Nachdem Erwin die Begriffe "sudeln" und "Sauen" zurückgenommen hatte, vermutete er noch, die Opposition habe mit diesen Fragen entsprechende Artikel in der Presse vorab "bestellt". Marion Enke (Grüne) wies das scharf zurück: "Alle Fragen zu diesem Auftrag sind völlig berechtigt, die müssen sie sich schon gefallen lassen."


    Die Verbindung Erwins zu Schüßler-Plan und die Vergabe etlicher öffentlicher Planungs- und Bauaufträge sorgte im Rathaus nicht zum ersten Mal für Ärger. Zuletzt krachte es, als Erwin und Oppositionsführer Wurm per Dringlichkeitsbeschluss die 100 000 Euro teure Tragwerksplanung für Lärmschutzmaßnahmen am U-Bahnhof Messe-Nord im August 2003 ohne Ausschreibung an Schüßler-Plan vergaben.


    Das Unternehmen mit Stammsitz an der Sankt-Franziskus-Straße ist bei vielen großen Bauprojekten in der Stadt beteiligt. Unter den öffentlichen ragen heraus: der geplante U-Bahnbau der Wehrhahn-Linie, die neue Arena, die neuen Messehallen, der Bau des neuen Flughafenterminals.


    Artikel vom 27.1.2004



    Von Alexander Schulte


    Quelle:http://www.wz-newsline.de/seschat4/200/sro.php?redid=39312


    Seine Meinung soll sich darüber jeder selbst bilden.

  • Dazu noch ein Kommentar (Zur Sache) aus der NRZ:


    Nur die Ruhe bewahren


    N och sind es acht Monate bis zur Wahl. Wer die Schärfe der gestrigen Auseinandersetzung zwischen den Kontrahenten erlebt hat, der kann sich ausmalen, wie es im nächsten halben Jahr zur Sache gehen wird.Dass es trotz politischer Erfolge mit dem Nervenkostüm des OB nicht gut bestellt ist, hat er zumindest gestern bewiesen. Zwar provozierte ihn die SPD, aber das wird sie fraglos noch häufiger tun. Ob sie daran weiter Spaß hat, wird maßgeblich von Erwins Reaktionen abhängen. Und Ruhe zu bewahren, das gehört nun wirklich nicht zu seinen Stärken.Fragen nach Aufträgen, die das ihm familiär verbundene Unternehmen Schüßler-Plan bekommt, muss Erwin ertragen - auch wenn die Firma mit der Stadt schon Geschäfte machte, lange bevor er ins Rathaus einzog. Es ist keine persönliche Diffamierung Erwins, sondern das Recht und sogar die Pflicht der Politiker, die Vergabe von Aufträgen gründlich und regelmäßig zu kontrollieren. In Wahlkampfzeiten mag so etwas einen anderen Geruch bekommen - das ändert aber nichts am Grundsatz.Erwin, nicht gerade zimperlich, wird noch genug Gelegenheiten nutzen, um zurückzuschlagen. Darauf darf man Wetten annehmen.


    26.01.2004 FRANK PREUSS


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