Auswärtsfahrt nach Melsungen

  • Melsungen steht mächtig unter Druck

    Vor der Saison 2002/2003 haben die Melsunger Verantwortlichen einen Zwei-Jahres-Plan ausgearbeitet. Dieser sah vor spätestens in der Saison 2003/2004 den Aufstieg in die Handball-Bundesliga zu realisieren.
    Fakt ist: Bislang laufen die Nordhessen ihrem Ziel hinterher und belegen hinter der HSG Düsseldorf und dem Überraschungsteam von der TSG Ludwigsburg-Oßweil nur den dritten Platz, hoffen aber nach wie vor noch auf den zweiten Platz, mit dem man sich wiederum für die Relegationsspiele gegen den Nord-Zweiten, dem SV Post Schwerin, qualifizieren würde.
    Während man noch auf die Relegation und einen eventuellen Aufstieg, der laut MSG-Pressesprecher Bernd Kaiser sicherlich ein positiver Supergau wäre, hofft, planen die Verantwortlichen derzeit zweigleisig. So konnte die MSG Petr Hazl vom EHV Aue verpflichten. Das Gesicht der Mannschaft wird sich in der neuen Spielzeit stark verändern, denn Alexander Koke (Ziel noch unbekannt), der mit Bayer Dormagen in Verbindung gebracht wird, Harald Beilschmied und Christian Löffler (beide zur TSG Ludwigsburg-Oßweil) werden den Verein verlassen. Hinter dem Verbleib von Linksaußen André Sperl und Torhüter Harald Birk. „Sperl will seine Karriere beenden und Birk ist derzeit beruflich sehr angespannt, er weiß derzeit nicht, wie er das alles unter einen Hut bringen soll. Bislang war er immer einer der ersten, die den Vertrag bei uns verlängert haben“, so Kaiser. Seine jahrelange Vormachtsstellung im Tor der MSG ist aber in dieser Saison beendet gewesen, schließlich hatte Trainer Horvat mit Nicolas Potteau mehr als nur einen Ersatz – der junge Franzose bot durchweg gute Leistungen.
    Zudem wird es in der nächsten Saison auf jeden Fall einen Trainerwechsel in Melsungen geben: Im Januar verlängerte Horvat erst seinen Vertrag um ein Jahr mit einer Option auf ein weiteres Jahr, doch als der Druck der Öffentlichkeit größer wurde, die Zuschauer unzufrieden waren, zog Horvat die Konsequenzen und bat die Vereinsführung um Vertragsauflosung. Dem kam man nach und konnte vor wenigen Wochen bereits mit Rastislav Trtik, dem tschechischen Nationaltrainer, einen Nachfolger präsentieren.
    Vor dem Spiel gegen Düsseldorf (Sonntag, 18 Uhr, Stadtsporthalle Melsungen) steht die MSG Melsungen mächtig unter Druck. „Wenn wir diese Partie verlieren, können wir den zweiten Platz vergessen. Wir haben uns vorgenommen aus den letzten fünf Partien der Saison 10:0 Punkte zu holen. Die ersten beiden Spiele haben wir nun schon gewinnen können und wir werden alles daran setzen, Düsseldorf zu schlagen“, so Horvat.
    Melsungen kann im Gegensatz zu Düsseldorf in Bestbesetzung auflaufen. Christian Löffler, der in Konstanz noch wegen Angina fehlte, wird am Sonntag gegen Düsseldorf wieder spielen können. Löffler konnte bereits am Dienstag Abend wieder am Mannschaftstraining teilnehmen. Trainer Richard Ratka muss beim Gastspiel bei den Nordhessen wohl weiterhin auf Alexander Petersson verzichten, der nach wie vor an einer Entzündung des Schleimbeutel im linken Ellenbogen laboriert.
    Durch den feststehenden Aufstieg der HSG sieht MSG-Coach Horvat einen kleinen Vorteil bei seiner Mannschaft: „Eigentlich kann es sowohl ein Vor- als auch ein Nachteil sein, dass die HSG schon durch ist. Aber das Team braucht die Punkte nicht mehr so dringend. Vielleicht ist dann die Motivation unser entscheidender Vorteil.“
    Die Mannen von Richard Ratka wollen aber ganz klar auf Sieg spielen, schließlich soll die Souveränität auch zum Ende in der Saison in der Tabelle ausgedrückt sein. Zum anderen möchte Ratka seine Mannschaft, von der 11 seiner 13 Spieler ihre Verträge verlängert haben, schon auf die Bundesliga vorbereiten. Zudem winkt auch noch ein kleines Überraschungsgeschenk von Oßweils Coach Oliver Hess.
    Aber dennoch hat Oßweil alles selbst in der Hand, schließlich hat das Team von Trainer Hess einen Punkt Vorsprung sowie das besser Torverhältnis gegenüber Melsungen. So spielt die TSG am Sonntag in Römerwall, danach die Woche zu Hause gegen den TV Gelnhausen und zum Saisonfinale geht es dann zur SG Willstätt/Schutterwald. „Ich denke, dass meine Freunde aus Willstätt/Schutterwald alles daran setzen werden, um Oßweil zu schlagen. Ich bin mir sogar sicher, dass sie es schaffen werden. Aus diesem Grunde müssen wir alles gewinnen“, so Horvat.
    Melsungen hingegen empfängt erst am Sonntag den Aufsteiger, die HSG Düsseldorf, eine Woche später tritt man dann in Obernburg an und empfängt am letzten Spieltag das Team des EHV Aue.
    Die Verantwortlichen in Melsungen hoffen jedenfalls am Sonntag auf ein ausverkauftes Haus. Zum einen gab es wochenlang kein Heimspiel der MSG und zudem kommt der Meister aus Düsseldorf. Und die HSG wird von knapp 100 Fans unterstützt.

    Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen großen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz aus Braunschweig handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der im gegebenen Augenblick ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.


    Erich Kästner