Vom kleinen Fan zum großen Profi
2. HANDBALL-BUNDESLIGA. HSG-Neuzugang Marcel Wernicke sprach mit der NRZ über den steilen Verlauf seiner Karriere.
In luftiger Höhe lässt sich auch ein schwül-heißer Sommertag mit einem Lächeln ertragen. 56 Meter über dem Boden ließ Marcel Wernicke seinen Blick gestern aus einer Gondel des Riesenrades auf der Rheinkirmes über die Stadt schweifen, die schon bald seine neue, alte Heimat ist. "Am ersten Oktober ist es soweit", freut sich der Neuzugang von Handball-Zweitligist HSG schon auf den Umzug aus Dormagen zurück in seine Heimatstadt. Dort, wo er schon als Sechsjähriger während der Halbzeitpausen und nach dem Schlusspfiff der Düsseldorfer Bundesliga-Partien über das Parkett flitzte, um den Profis nachzueifern. Heute ist er einer von ihnen. Vom kleinen Fan zum großen Profi - "das ist schon ein verdammt schöner Gedanke", sagt Wernicke rückblickend und strahlt über das ganze Gesicht.
Zeit für Veränderung
Sieben Jahre lang ging der Blondschopf, der in der Jugend des TV Ratingen mit dem Handball begann, zuletzt für den TSV Bayer Dormagen auf Torejagd. Der Werksklub vom Höhenberg wird in der kommenden Zweitliga-Saison wohl der ärgste Konkurrent der HSG um den Erstliga-Aufstieg sein. "Es wurde nach so vielen Jahren Zeit für eine Veränderung", begründet Marcel Wernicke seinen Abschied. "Mein Vertrag lief aus. Zudem ist die Aussicht auf viele Spielanteile nicht mehr vorhanden."
"Das wird sich in Düsseldorf ändern", betont der 25-Jährige selbstbewusst, "ich komme nicht für die Ersatzbank!" Dafür muss sich Wernicke auf der linken Außenbahn gegen den erstligaerfahrenen Robert Runge behaupten. "Marcel packt das", sagt seine Freundin Nina zuversichtlich. Seit zweieinhalb Jahren ist er mit der Physiotherapeutin von Erstliga-Aufsteiger TuSEM Essen zusammen. Eine Handball-Liebe mit Hindernissen.
Denn in der zurückliegenden Zweitliga-Saison kam es am letzten Spieltag zur Schlüsselpartie um den direkten Aufstieg. Essen gegen Dormagen, Nina als Physiotherapeutin und zudem Schwester von TuSEM-Werfer Ben Schütte gegen den TSV mit ihrem Freund Marcel.
Freundin aus der "Milchbar"
"Blut ist dicker als Wasser", begründet Nina, warum sie damals den Essenern die Daumen drückte, die sich schließlich durch ein 21:21-Remis das Erstliga-Ticket sicherten. "Damit muss ich leben", lacht Marcel und nimmt den Konkurrenzkampf gelassen. Er weiß, wie er mit seiner Freundin umzugehen hat. Auch wenn sie sich mal wieder weigert, ihn nach einem Spiel zu massieren. "Mittlerweile bettel ich nicht mehr so heftig wie früher", flachst Marcel in Richtung Nina, die er nur wenige Meter von der Oberkasseler Kirmes entfernt in der Discothek "Milchbar" kennenlernte. "Marcel ist manchmal etwas faul, wenn es um die Uni oder den Haushalt geht", wirft Nina in den Raum und erntet prompt ungläubige Blicke von Marcel: "Ich bin launisch, aber faul?"
Die Umstände, warum Wernicke als Student des Chemie-Ingenieurwesen zuletzt mehr Zeit zum lernen hatte, als ihm lieb sein konnte, sind ihm sichtlich peinlich. "Beim Versuch einen Fußball aus dem Tor zu treten, bin ich mit dem Fuß im Netz hängen geblieben und habe mir einen Meniskusriss zugezogen", erzählt er kleinlaut.
Die Operation im Januar verlief erfolgreich und der Flügelflitzer ist topfit für seine Ziele. Nachdem er zuletzt zweimal mit Dormagen in der Aufstiegsrunde zur 1. Bundesliga gescheitert war, soll es im dritten Anlauf nun eben mit Düsseldorf klappen: "So leid es mir für meine ehemaligen Teamkollegen auch tut, aber der Aufstieg führt nächste Saison nur an mir und der HSG vorbei!"
Quelle: NRZ Düsseldorf