Interview mit Patrick Femmerling

  • Nach zwei Jahren bei Alba bist du nach Griechenland zu Olympiakos gegangen. Warum?


    Sicherlich war es eine sportliche Entscheidung. Nichts gegen Alba, ich habe da sehr gerne gespielt, eine sehr schöne Zeit gehabt und auch sportlich eine sehr gute Entwicklung durchlebt. Aber es war ein Schritt hin zu einem noch größeren Club mit einem noch größeren Namen. Ich habe das Gefühl, dass mich dieser Schritt sportlich weiter bringt, weil ich auf einem noch höheren Niveau in einer noch stärkeren Liga spielen konnte. Dass man hier dann auch noch gutes Geld verdient, kann man einem sicherlich nicht vorwerfen, denn Basketball spielst du zehn Jahre. Dann muss man sehen, wo man bleibt.


    Was ist denn in Griechenland anders als in Deutschland? Es gibt ja diese Geschichten von Fans die Autoradios und Münzen auf das Feld werfen oder von Vereinen, die ihre Spieler nicht bezahlen.


    Es ist hier nicht so organisiert wie in Deutschland. Das ist sicherlich eine Umstellung für jeden, der nach Südeuropa kommt. Wobei das bei Olympiakos nicht so der Fall ist. Hier ist schon alles sehr gut durchorganisiert. Der Club ist ja eine Topadresse in Europa. Bei anderen Vereinen ist es aber schon so, dass viele Leute zu spät oder gar nicht bezahlt werden. Auch Trainer und Spieler werden anderswo oft mal gefeuert. Das ist hier, zum Glück, nicht so. Auch wenn das Arbeitsverhältnis zwischen unserem Club und unserem Ex-Coach in die Brüche gegangen ist.


    Und wie sieht das mit den Fans aus?


    Bei den Derbys, zum Beispiel gegen Panathinaikos, da geht es schon hoch her. Da fliegen schon mal ein paar Münzen oder auch mal ein Handy - eigentlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist - wenn die Leute aufgebracht sind. Aber im Großen und Ganzen stört es mich nicht so sehr. So lange wir trotzdem spielen können und Stimmung ist, interessiert es mich nicht. Es muss aber im Rahmen bleiben und niemand darf verletzt werden. Leider gibt es aber auch Zwischenfälle, wo Leute mit einer Leuchtrakete getroffen werden wie im letzten Jahr.


    Wie geht es dir im öffentlichen Leben? Bist du ein Star? Wirst du von den Fans überall erkannt oder kannst du dich frei bewegen?


    Man kann sich schon frei bewegen. Natürlich ist es bei meiner Körpergröße schwer, sich zu verstecken. Da sieht man schon aus 500 Meter Entfernung, dass das auf jeden Fall jemand ist, der in irgendeiner Form was mit Sport zu tun hat oder nur seine Größe verschwendet. Man hat keine Probleme, eher sogar Vorteile. Die Leute lieben den Basketball hier noch, obwohl die Hallen nicht mehr so voll sind wie früher.


    Seit diesem Jahr spielt auch Misan Nikagbatse bei euch, der wie du in der Nationalmannschaft spielt. Hast du ihn an die Hand genommen und gezeigt, wie es in Griechenland läuft?


    An die Hand genommen? Sicherlich ist das für ihn, wie für mich letztes Jahr, eine neue Situation und er ist auch noch mal ein bisschen jünger als ich. Aber an die Hand genommen habe ich ihn nicht. Wir haben sicher viel zusammen gemacht und ich habe ihm auch die eine oder andere Sache erklärt, die hier anders ist. Das erste Wort, das du hier zum Beispiel lernst ist " adrio". "Adrio" heißt "morgen". Wenn du irgendwas gemacht haben willst, heißt es immer erst "adrio". Mit Misan habe ich ein sehr gutes Verhältnis und wir machen viel zusammen, aber zu sagen, dass ich ihn an die Hand nehme, wäre falsch.


    Ihr seid beide noch relativ jung. Ist man als Profispieler bei einem Club wie Panathinaikos auf sich allein gestellt. Heißt es da nur: "Wir zahlen Geld und du bringst Leistung"?


    Es ist schon so, dass es hier das - wie man so schön sagt - harte Profigeschäft ist. Also, der Verein hilft dir schon. Wenn du Probleme hast oder einen Flug brauchst, dann sprichst du den Manager an und es wird normalerweise geregelt. Man muss aber ein Stück weit auch Eigenverantwortung lernen.


    Kommen wir zur Nationalmannschaft. Wie würdest du das Team beschreiben, dass im Sommer bei der Europameisterschaft dabei war?


    Wie du schon sagst, wir waren eine wirkliche Mannschaft. Wir haben es allen bewiesen. Eigentlich mussten wir das ja nicht, aber vor der EM haben wenige an uns geglaubt. Das macht mich noch ein bisschen stolzer, dass ich dabei sein und dazu beitragen konnte, dass wir soweit gekommen sind. Ich denke, wir waren eine richtige Mannschaft und wir hatten unsere Stars in Dirk, Shawn oder auch Ademola. Wir haben aber trotzdem sehr gut auf dem Feld harmoniert, zusammen gekämpft und auch wenn wir im Hotel waren, haben wir gelacht, rumgeflachst und unsere Späße gemacht. Es war wirklich ein schöner Sommer und dass er so erfolgreich endete - klar hätte er noch erfolgreicher enden können - das hätten sich nur wenige träumen lassen.


    Wer waren bei euch die Leader im Team? Ihr lagt ja in vielen Spielen zurück und habt euch immer wieder rangekämpft. Wer hat da das Team mitgerissen, wer hat die Schnauze aufgemacht?


    Das ist ne schwere Frage - Leader in unserem Team - Man muss sich Dirk nur angucken, dann weiß man, dass der Mann, dadurch wie er spielt und wie er sich gibt, Vorbildcharakter hat. Aber trotzdem haben wir jeder sicher unser Schippchen dazu beigetragen, dass wir niemals aufgegeben haben. Egal, ob wir mit 20 hinten oder mit zehn vorne lagen, wir haben einander vertraut und an einander geglaubt. Das war der Schlüssel.


    Welche Rolle hat Henrik Dettmann bei der EM gespielt, er hat ja den Ruf ein Players Coach zu sein, also einer der den Spielern auf dem Feld viele Freiheiten gibt ?


    Das tut er auch. Er vertraut seinen Spielern. Klar, er ist der Trainer und er macht die Regeln, aber im Endeffekt vertraut er uns und lässt uns unsere Freiheit. Natürlich sagt er irgendwann mal: Nee, so nicht, wie das jeder Trainer machen muss und machen soll. Es macht einfach Spaß bei ihm zu spielen und bestimmt war es auch für ihn ein sehr erfolgreicher Sommer.


    Bei der WM trefft ihr in der Vorrunde auf die USA, China und Algerien. - ein Traumlos oder ein Alptraum?


    Für mich ist das völlig egal (lacht). Natürlich ist das schon keine schlechte und auch eine schöne Sache, mal gegen NBA-Leute zu spielen. Aber es ist heute nicht mehr das große Ding wie früher gegen Michael Jordan und Barkley. Das waren die ganz großen Legenden. Es ist eine schöne Erfahrung, im Endeffekt ist aber alles was zählt, dass wir gewinnen und weiterkommen. Ob das nun gegen die USA ist oder Timbuktu - das ist mir im Endeffekt gleich.


    Was ist dein Ziel bei dieser WM?


    Mein Ziel? Weltmeister werden! (lacht) Das ist natürlich ein ganz schön langer Weg und das muss erst mal geschafft werden. Aber mein Ziel ist, jedes einzelne Spiel zu gewinnen. Ich bin nicht der Typ, der in eine große Planung verfällt. Über Konstellationen mache ich mir keine Sorgen. Für mich ist wichtig, dass ich am Spieltag fit bin und meine Leistung bringe.


    Kann die WM für dich das Sprungbrett in die NBA sein? Viele Experten denken, dass du das Talent dazu hast.


    Die Jungs von der NBA haben ihre Augen ja überall, wo sie sie haben müssen. Klar ist es von Vorteil, in den USA eine gute Leistung zu bringen. Ich werde jetzt aber nicht die Patrick-Femerling-Highlight-Show abziehen. Da bin ich gar nicht der Typ Mensch für. Wichtig ist, dass wir als Mannschaft erfolgreich sind. Wenn ich dazu meinen Beitrag leisten kann, dann ist das perfekt und genug Eigenwerbung für mich. Mich selber zu produzieren, werde ich nicht. Wenn ich dann die Chance kriege in die NBA zu gehen, würden mich wohl alle Menschen dieser Erde schlagen, wenn ich sie nicht ergreife.


    Ist denn die NBA dein ultimatives Ziel?


    Die NBA war und ist schon ein Ziel für mich. Das ist die beste Liga, in der man spielen kann. Wenn du die Chance hast dort zu spielen, dann ist das ein Traum. Da musst du aber nicht mich fragen, alle Jungs auf dem Freiplatz oder sonst wo werden dir die gleiche Antwort geben. Ich werde immer alles geben und wenn ich die Chance bekomme, werde ich sicherlich versuchen, sie zu nutzen.


    Und die Bundesliga? Ist die noch ein Thema für dich?


    Natürlich. Zu sagen, dass es nicht so wäre, wäre eine Lüge. Die BBL ist eine gute Liga, die sich noch weiter entwickeln wird - besonders durch die Präsenz im Fernsehen und außerdem ist Deutschland meine Heimat.