Momentan kann man noch nicht sagen wem diese Eskalation anzulasten ist, wie man so sagt ist im Krieg die Wahrheit das erste Opfer. Es ist schwer bis unmöglich, die wichtigen Details herauszufinden.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber daß dieses Vorgehen durchaus in ein langfristiges russisches Strategiemuster zu passen scheint. Als es mit der Sovietunion zu Ende ging, finanzierte und bewaffnete der KGB Separationsbewegungen von Minderheiten in Ländern, die ihrerseits aus der Sovietunion austreten wollten. Davon betroffen waren u.a. Moldavien (Transnistrier), Aserbajan (Armenier) und: Georgien (Abchasen & Osseten). Die Ziele waren wahrscheinlich einen Keil in die Bevölkerung zu treiben, Regionen teilweise zurückzugewinnen und die Vorzüge sovietischer Vorherrschaft zu vorzuführen.
Wladimir Putin, der im Gespann mit Medwedew allem Anschein auch jetzt noch die Hosen anhat und für das Zitat "Der Kollaps der Sovietunionwar die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" verantwortlich zeichnet, blickt auf eine beachtliche 27-jährige KGB-Karriere zurück, wo er in solchen Taktiken wohl durchaus geschult worden sein dürfte.
Der ganze Kaukasus ist ein riesiger Flickenteppich von Ethnien, die sich am einen oder anderen Punkt in der Geschichte bekriegt haben (vor allem anlässlich der Kreuzzüge und deren Folgen). Heute ist die ganze Boratesque durchzogen von willkürlichen Grenzen und bösen Erinnerungen. Die jüngeren Konflikte scheinen aber offensichtlich immer kräftig geschürt zu werden. Dabei sind die Anteile der Ethnien und Religionen heute ganz anders als zu den jeweils früheren Konfliktzeiten. Unter anderem wurden in Abchasien vor einigen Jahren ~250.000 Georgier vertrieben und in Süd-Ossetien waren Inhaber Georgischer Pässe in regionalen Fragen nicht wahlberechtigt. Kein Wunder also, wenn die da mehrheitlich für die Abspaltung votierten.
Obendrein verteilt Rußland dort russische Pässe und stärkt örtliche Milizen.
Mal zum Vergleich, wie wäre es wenn die Türkei in Duisburg Marxloh Waffen und Pässe austeilen würde, dann Deutsche vertrieben würden und der Rest in einem selbstgeschaffenen Parlament für die Autonomie Marxlohs votieren würde? Was wäre die Deutsche Reaktion wenn wir türkische Panzer zum Schutz ihrer Staatsbürger auf Duisburg zurollen sähen? In so einem Moment ist die Frage wer das erste physische Geschoss abfeuerte nicht mehr ganz so entscheidend.
Was Serbien und Kosovo angeht: Da gab es einen Völkermord. Anders als in Deutschland waren die Serben danach auch zu wenig Einsicht / Aufarbeitung zu bewegen. (Die Unabhängigkeit Kosovos war Monate vor der Auslieferung Karadzics). Danach hat sich die Uno in zahllosen Verhandlungen der Sache angenommen.
Russische Medien behaupteten sofort bei Ausbruch des Georgienkonflikts, Tskhinvali läge in Schutt und Asche, es habe rund 2000 Tote gegeben, Opfer eines Völkermords. Dazu kann man nach 3 Wochen sagen: Die Beweise stehen eher dagegen, die wenigen unabhängigen Berichterstatter sprechen von nicht mal 50 Toten, darunter aber schon Soldaten. In Tskhinvali wurden einige Häuser zerstört, davon aber viele Verwaltungsgebäude und es lagen ausgebrannte Panzer herum. 2000 Tote können aus einem 7km²-Nest doch kaum so spurlos verschwinden. Die Zahl 2000 taucht aber immer an vorderster Stelle auf wenn die Russen ihr harsches Vorgehen im georgischen Kernland rechtfertigen.
Bevor die Frage aufkommt: Für den Völkermord an den Kosovo-Albanern gibt es unzählige Beweise: Zeugenberichte, Videos, aufgedeckte Massengräber, der Abtransport der 8000 aus Srebrenica unter der Nase von Blauhelmen.
Rußland scheint auf allen Ebenen eine Einschüchterungskampagne zu fahren:
Möchtest Du Autonomie? Siehe Tschetschenien.
Möchtest Du Pressefreiheit? Siehe Anna Politkowskaja.
Möchtest Du im Ausland petzen? Siehe Alexander Litvinenko, spektakulär mit Polonium 210.
Möchtest Du unsere Oligarchenpolitik gegen uns benutzen? Siehe Michail Chodorkowski.
Möchtest Du gegen die Regierungspartei kandidieren? Siehe Gari Kasparow.
Möchtest Du den Europäern eine Pipeline zum Kaspischen Meer geben? Siehe Georgien.
... Mit Grüßen an die Ukraine und Polen.
Georgien hat sicherlich auch Dreck am Stecken aber mindestens zu einem Minimum muß man das wohl auch, um in dieser Gegend überleben zu können. Die Autonomiechefs von Süd-Ossetien und Abchasien stehen scheinbar keinen Deut günstiger da.
Ich will nicht ausschließen das Georgien womöglich trotzdem die Hauptschuld an dem ganzen tragen könnte (plus Teilweise der Westen durch heimliche Unterstützung / Vernachlässigung), aber die meisten Fakten lassen Rußland um einiges schlechter aussehen.