20.335 m² für … für wen eigentlich?
Hier meine frisch gesammelten Eindrücke der neuesten Errungenschaft zu Düsseldorf: die Bilker Arkaden. Eines vorweg: Meine Freundin wohnt ganz in der Nähe dieses nun wieder dem Bürger zugänglich gemachten Grundstücks, daher war es mir leicht möglich den Bau des Kommerz-Kastens ein wenig zu verfolgen.
Nachdem das Grundstück nun etliche Jahre brach gelegen hat, war man doch verwundert, dass es in den letzten Monaten und Wochen dann vergleichsweise schnell ging. Dieser positive Aspekt der Baugeschwindigkeit – man denke an die Lärmbelästigung der gebeutelten Frührentner in der unmittelbaren Umgebung – relativiert sich für meinen Geschmack spätestens nach meinem ersten Besuch der drei Stockwerke besagten Baus gestern Abend.
Von außen
wirkt der profane Bau kühl, gradlinig, zweckmäßig. Der liebevoll bis ins kleinste Detail gestaltete Vorplatz mit seinen romantischen Leuchten auf Hüfthöhe unterstreicht diesen Eindruck nachdrücklich. Schiebt man in Gedanken sich die wohl bedacht platzierten Plexiglas-Logos der so genannten Ankermieter einmal bei Seite könnte der Bau ebenso ein weiteres Bürogebäude irgendwo an einer unbedeutenden Stelle in Düsseldorf sein. Sehr schön auch, dass man es geschafft hat die wunderbar weiße Fassade des gegenüber gelegenen REAL,- zu zitieren. Nebenbei kurz zum Thema der wohlplatzierten Logos: MediaMarkt prangt groß und breit in der Mitte, direkt daneben ein kleiner roter Fleck. Ach, H&M ist auch da drin? –Großartig. Wird glatt überlesen. Wie einiges andere auch.
Bevor wir uns in in diesem kleinen Bericht ins Gebäude begeben noch ein paar Worte zum Fahrradabstellplatz vor dem Eingang. Wo ist der Eingang eigentlich? Kein einziges architektonisches Merkmal weist darauf hin. Ok, ein paar Türklinken und ein paar offenstehende Türen um eine angemessene Belüftung des Inneren zu gewährleisten. Erstaunlich, wie es auf wundersame Weise vor Bekleidungsfilialisten nach allen erdenklichen Geschmacksverstärken duften kann, obwohl weit und breit keine Friteuse zu sehen ist. Der Vorplatz: vieles lässt sich sicherlich noch der Ausrede „ja, ruhig bleiben, wir sind grad erst seit ein paar Tagen auf“ zuordnen: nicht vorhandene Ständer zum Abschließen umweltfreundlicher Verkehrsmittel, fehlende Beschilderung jeder Art, Kleinigkeiten wie Mülleimer und so weiter. Ein generelles Problem des Vorplatzes ist jedoch sein nicht vorhandener Charme. Grade im davon verwöhnten Düsseldorf hätte ich mir dringend ein bisschen davon gewünscht. Man muss sich das mal überlegen: da schafft man in einem der Einwohnerzahl stärksten Stadtteilen ein gänzlich neues Zentrum mit einer Verkaufsfläche, die für manch andere komplette Stadt schon Utopie wäre, dazu eine Bücherei, ein Bürgerbüro, Büros, Wohnungen, sogar ein Schwimmbad haben sie den Bürgern gegönnt. Architektonisch lädt dieses theoretische(!) Meisterstück durch platte Fläche – ok ein paar Stufen und ein paar blendende Leutsockel sind drin – und einer Aal-glatten Fassade ohne jeglichen Anspruch dazu ein besucht zu werden, lachhaft. Eingänge zum Schwimmbad, zur Bücherei, zum Bürgerbüro findet man gar nicht – es sei denn man versucht es als Erstbesucher auf die empirische Weise. Apropos Eingänge: dann gehen wir mal nach
drinnen
in den Konsumbereich der neuen Anlage. Wer bisher vermutet, dass ich hier recht negativ über die Bilker Arkaden schreibe hat recht. Bisher war es auch nicht so dolle. Aber wir gehen mal rein. Erster Gedanke: „Ui, das geht ja ganz schön weit hinten durch“. Zweiter Gedanke: „ganz schön voll hier“. Dritter: „guck mal, die wichtigste Rolltreppe nach oben, direkt am Eingang, ist defekt. Weitere Gedanken ausführlicher: ein schöner Anblick war es, wie voll es tatsächlich war, und das nicht nur auf den Fluren: die Geschäfte waren voll, die Imbissstände ebenso. Die Gänge wirkten fast schon zu eng zur den Andrang, ständig musste man sich fürs vorbeidrängeln bei Schaulustigen entschuldigen. Das aber ein Problem, welches sich in den nächsten Tagen von selbst lösen wird.
Wie wirken die Räumlichkeiten nach dem Eindruck des Vorplatzes nun von innen? Ich beschreib es mal so: wenn man in den Shadow-Arkaden bei H&M einkaufen geht (gehen sollte), ist man froh, wenn man wieder draußen auf dem Gang ist. In den Bilker Arkaden invertiert sich dieser Eindruck: die Gänge haben einen schönen Boden, Punkt. Das war es dann aber auch schon mit der „Kunst am Bau“. Was hat man gemacht? –Beleuchtung: man hat Neonröhren genommen, diese in kubisches, kalt-weißes Milch(-plexi-)glas gesteckt und an die Decke geklebt (ab und zu eingelassen). Für einen Hauch von warmen Licht sorgen jeweils zwei Halogen-Spots, die sich in den Leuchtkästen vor Angst aneinander klammern.
Die Arkaden wirken von innen wie ein eckiger Schlauch. Eine lange, dreistöckige Passage, an dessen Ende zur Belohnung der ganzen Lauferei für die Männer ein mittelgroßer MediaMarkt wartet. Anders wären Mieter für die hinteren Verkaufsflächen wohl auch nicht zum Einzug zu bewegen gewesen. Die Geschäfte an sich sind schon beeindruckend. Sowohl Anzahl als auch Auswahl. Von augenscheinlich hochwertig bis billig findet sich hier viel –inklusive gleich dreier Nagelstudios. Gastronomisch warten eher Leckereien der schnellen Küche auf den Verzehr. Die Atmosphäre der einzelnen Gastro-Betriebe lädt allerdings eher dazu ein, das Convenience Food lieber „zum Mitnehmen“ zu bestellen. Authentische Küche ist in den Arkaden schlicht weg nicht präsent.
Was könnte besser sein? Zur Entschuldigung „pubic beta“ kann man sicherlich die rudimentäre Beschilderung vor und in den Arkaden zählen. Ich kann mich an kein einziges Schild für „guck mal lieber gehbehinderter Gast, wir haben auch einen Aufzug“ oder „zur Straßenbahn, sprich Hauptausgang, geht‘s da lang“. Kann mich aber auch irren. Kleine Blaue Schilder zeigen zumindest den Weg zurück zum Auto, wenn man sich getraut hat mit diesem Anzureisen, oder den Weg zur Toilette, wenn die gebratenen Nudeln einmal nicht geschmeckt haben sollten. Diese Schilder hängen jedoch ausschließlich an den wenigen „Kreuzungen“ in den Arkaden. Die Toiletten sind übrigens in der Tat eins der seltenen Highlights der Arkaden.
Schlimme Tatsachen, die dann entgültiger erscheinen sind z.B. die Information, die sich zwar in der Nähe des Haupteingangs befindet, jedoch in den Keller gezimmert wurde. So wird das Informationsbedürfnis zum Standort der Information selbst sicherlich ein nicht unerhebliches sein. Verpasst durch den Architekten wurde auch die Schaffung eines offensichtlichen Dreh- und Angelpunktes, wie beispielsweise das Centro in Oberhausen einige besitzt. Die strenge Architektur auflockernde Lufträume mit Aktionsflächen, Möglichkeiten zur thematischen Gestaltung, etc. Sich zu entspannen ist in den Arkaden zwar möglich – momentan sogar für 10 Min. auf Massagesesseln gegen Gebühr – allerdings läuft die breite Masse spätestens nach 2, 3 Metern Entfernung wieder an einem vorbei. Es sei denn man setzt sich bei „Mr. Wok“ zu einer Schüssel Teigwaren in Fett in den hinteren Bereich.
Nicht getestet haben wir bisher das Parkhaus. Die Wege aus diesem scheinen jedoch erheblich kürzer als die Strecken, die man von öffentlichen Verkehrsmitteln aus zu bewältigen hat. Bei Aldi kann man momentan zwar noch unbehelligt den Kaffee (sofern er einem schmeckt), als den Regalen stibitzen (nicht machen, böse), muss dafür aber auch durch den ganzen Bilker Kasten latschen. Einen seitlichen Eingang haben wir bis auf den des Schwimmbades nicht entdeckt.
Stichwort Schwimmbad
Dieses haben wir auch besucht: von außen wird man herzlich eingeladen, einen Eindruck von seiner 3,20 €-Investition in die eigene Fitness zu erhaschen. Die Fenster wirken aber auch ein bisschen wie überdimensionierte Schießschlitze. Mehr Mühe hat man sich mit dem eigentlich Tageslicht spendenden Teil gemacht: dem Dach. Durchaus gelungen, wie grade in der Dämmerungszeit bei Sonnenschein das Licht ins Schwimmbad fällt. Der Rest des Badesilos wirkt in Teilen noch abstrakter als der Vorplatz der Arkaden. Mal Weiß, mal nackte Betonsäulen, mal Blaue Umkleiden. Keine Pflanzen oder sonstige Deko. Nicht im Eingangsbereich, nicht bei den Umkleiden – die liebloser nicht wirken können – nicht in der Halle selbst.
Hat man nach dem Anlegen der Badekleidung über die spiegelglatten Fliesen in die Duschräume gefunden, „wir brauchen keine Schilder – wozu?“, wird der Boden etwas griffiger. Die Halle an sich ist wegen des netten Dachs ok. Man wird aber ständig daran erinnert, dass es sich bei dem Schwimmbad in Bilk um ein Sportbecken, nicht um ein Bad a la Düsselstrand oder Münstertherme handelt. Entsprechend minimalistisch wurde eingerichtet. Ruhe für ein paar Bahnen am Abend oder Entspannung im Naß findet man hier nicht. Auch werden wohl die Wände nicht ewig so strahlend weiß bleiben – entsprechendem Publikum im Bad sei dank.