Beiträge von morakys

    Hallo Ahörnchen und all die anderen, die sich für den Hellweg interessieren!


    Zwei Jahre ist es her, dass ich einen Beitrag über meinen Vater Hubert Lange und seiner "Hellwegbande" veröffentlichte.
    Gestern erst las ich Eure mitfühlenden, ehrlichen Zeilen.
    Ich nehme an, es dauerte mit meiner Antwort solange, weil ich nach meinem Beitrag
    nie mehr dieses Forum besuchte und ich erst mal alles verdrängt habe.


    Trotzdem habe ich mich sofort hingesetzt und schrieb und schrieb.
    Doch jetzt bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass ich mal meine Unterlagen sortiere und
    Fakten sammle und diese vielleicht auf "Papier" veröffentliche.
    Hier im Internet sind meine Zeilen nicht geschützt und es gibt auch Privates aus dem
    Leben Huberts und seiner Familie, das vielleicht interessant für die Leser wäre.


    Nur dieses: Ich bin eine Tochter und keine Sohnemann. ;)


    Der Name Hellwegbande entwickelte sich wahrscheinlich deshalb, da die "Bande" am Hellweg zu Hause war und man dem "Verbrechen" einen Namen gegeben werden "musste". Ob es auch daran gelegen haben könnte, dass der Hellweg mal eine Handelsstraße war und Flingern mit Gerresheim verbindet, weiß ich nicht...



    Bis bald - R.G.

    Der Anführer der Hellwegbande war mein Vater, der leider letztes Jahr am 1.08. mit 83 Jahren gestorben ist.
    Auch ich habe die Aufführung im Juni von Herrn Ebel gesehen. Manchmal kamen die Szenen der Wahrheit ziemlich nahe, doch meistens gingen sie daran vorbei, da Herr Ebel sich zwar sehr bemühte, der Wahrheit nahe zu kommen, aber die meisten betroffenen Menschen bereits verstorben waren oder vielleicht gar keine Auskunft geben wollten (das war schon damals so). Bedauerlicherweise haben wir uns erst kennengelernt, als das Stück schon geschrieben war.


    Mein Vater (Hubert Lange) spielte nicht die Hauptrolle, sondern jemand, der aus der Bande aussteigen wollte. Was ich sehr schade finde, da mein Vater ein Geber war, ein herzensguter Mensch.
    Die Bande bestand außerdem aus maximal vier Leuten, da mein Vater grundsätzlich ein Einzelgänger war und nicht aus so vielen Leuten, die in dem Stück zu sehen waren.
    Sicherlich kannte er die meisten aus dem Stück, aber sie hatten wenig mit der Bande zu tun.
    Leider gibt es ja immer wieder Menschen, die dabei gewesen sein wollten.
    Die Bande entwickelte sich aus der Not, da die Jugendlichen Hunger hatten.
    Mein Vater hatte auch nie ein Maschinengewehr oder sogar noch Pistolen im Stiefelschacht getragen.
    Er ist mit einer Luftpistole von den Engländern erwischt worden und zu Tode verurteilt worden.
    Montgomery hatte ihn seinerzeit nach Kriegsende begnadigt.


    Eine witzige Geschichte, die ich Euch nicht vergönnen möchte, ist folgende:
    Ein paar Mann, darunter mein Vater, überfielen ein Lager, das zentnerweise Zucker aufbewahrte.
    Er trug den schweren Sack den Hellweg entlang, glücklich darüber, eine gute Beute gemacht zu haben.
    Doch in dem Sack war ein Loch und so rieselte der Zucker den Hellweg entlang.
    Am nächsten Morgen fand man die Anwohner des Hellwegs mit Teelöffeln den Zucker auflesen...


    Es ist übrigens wahr, dass mein Vater und seine Kumpanen den armen Leuten ihre Beute überließen, wenn sie selbst genug hatten. Zum Beispiel Butter - war damals Gold wert.


    Es gab damals einen Polizisten, der ziemlich viel Unfug über meinen Vater herumposaunt hat. Wahrscheinlich nur deshalb, damit niemand bemerkte, wieviel Angst er wohl vor ihn hatte.
    Leider gab es außerdem einen Zeitungs-Redakteur, der meinen Vater zum schlimmsten Verbrecher aller Zeiten machen wollte. Naja, so sind sie halt...


    Obwohl er so viel Mist miterlebt hat, z.B. hat seine eigene Mutter ihn an die Polizei verraten oder sein Vater ihn schon mit 14 vor die Türe gesetzt, ist er ein herzensguter, niemals gewalttätiger Mensch gewesen. Er hatte selbst Angst. Angst vor dem nächsten Tag. Er lebte in leerstehenden Wohnungen, mit den Händen als Kissen unter der Wange.


    Er hat aber auch nie Fuß gefasst. Zeit meines Lebens war er oft nicht zu Hause, weil er im Knast saß.
    Er hat diese Zeiten nie überwunden, musste immer wieder aus innerem Zwang auf "Tour" gehen.
    Ich bedaure von Herzen, dass diese Zeiten ihn kaputt gemacht haben, weil ich gerne mehr von ihm gehabt hätte, aber auf der anderen Seite bin ich sehr stolz auf ihn, weil er nie die Hand zum Gruße erhoben hat und weil er die letzten Lebensjahre meiner Mutter für sie da war. Sie umsorgt hat.


    Vielleicht melde ich mich nochmal. Werde mal meine Notizen rauskramen und gucken, ob nach was Interessantes für Euch dabei ist.


    R.G.


    PS: Das Bild auf der Ackerstraße ist zwar schön, aber wie gesagt, mein Vater hatte kein Maschinengewehr.
    Wie hätte er auch daran kommen sollen? Die konnte man auch gar nicht so halten. Leute, das waren andere Zeiten. Wisst Ihr eigenlich wie schwer diese Dinger damals waren. Und er war sicherlich kein Rambo... Außerdem war er in Wahrheit viel größer - grins.