Beiträge von Klinsman

    Mahlzeit, ich auch mal wieder hier ... :rolleyes:


    Herr SCHoSCH wollte einen NRZ-Artikel aus dem Fanatics-Forum hier posten, hat den aber nicht (mehr) online gefunden.
    Scheinbar lediglich über die NRZ-Suchfunktion, Stichwort "Tollhaus", ist der noch aufzurufen.
    Ob sich da jemand vehement beschwert hat ... ?(
    EDIT: Ist komischerweise unter Region eingestellt ...
    -> Hier <- isser jedenfalls, lang und heftig:


    Das Tollhaus


    Schon drei Monate nach der Eröffnung erweist sich die Düsseldorfer LTU-Arena als ein Problemfall.



    DÜSSELDORF. Wer ist schon glücklich, wenn er seinen Job los wird? Manfred Kirschenstein zum Beispiel. Er würde es nie zugeben. Aber der 52-Jährige wusste genau, warum er dem Drängen des Düsseldorfer OB Joachim Erwin (CDU), Geschäftsführer der LTU-Arena zu werden, nur unter einer Bedingung nachgab: Am 1. März, nach einem halben Jahr, ist Schluss, mehr ist schlecht für die Gesundheit. Der Druck auf die Verantwortlichen in dem 218 Millionen Euro teuren Bau ist groß wie 20 000 Meilen unter dem Meer.


    Und noch ein bisschen größer, seit der Konzern Walter Bau pleite ist. Dessen angeblich intakte Tochter WPF besitzt und betreibt die Arena mit der Stadt, der kleine Baupartner ABB aus Mannheim muss offene Rechnungen der insolventen Augsburger auf der immer noch nicht abgeschlossenen Baustelle übernehmen. Viele Handwerkerfirmen warten.


    Kirschensteins Partner in der Geschäftsführung, Frank Muench, räumt im Juni seinen Sessel. Auch der Bau- und Finanzmann dürfte nicht böse sein, wenn sein einjähriges Gastspiel beendet ist. Dass er nicht immer gerade eine glückliche Figur machte, erleichtert der Stadt seinen Abschied. Nur: Wo sind die Nachfolger für Muench und Kirschenstein, der sich jetzt wieder um seine Philipshalle kümmern darf?


    Dass die Arena in ihrer winzigen Historie schon nach Geschäftsführer Nummer vier fahndet, überrascht Eingeweihte nicht. Von einem Tollhaus ist die Rede, mit einander widersprechenden Interessen aus Politik, Baukonzernen und Betrieb, in dem ein OB Regie führt, der für alles zuständig, aber für nichts verantwortlich sein mag. Unter dem Glanz vier beeindruckender Abende mit Herbert Grönemeyer, Bayern München, der Nationalmannschaft und großartiger Stimmung auf den Rängen bröckelt es kräftig. Dabei ist "Europas modernste Arena" (Erwin) noch keine drei Monate alt.


    "Was hier an Geld verbrannt wird, ist unglaublich", ist aus der Gesellschaft zu hören. Schon bei der Vermarktung: Statt eines avisierten Zehnjahresvertrags über die Namensrechte mit rund einer Million Euro jährlich, würgten Muench und Erwin einen Dreijahresvertag mit der LTU hervor, die kaum 300 000 Euro pro Jahr zahlen muss. Dem OB egal, er wollte unmittelbar vor der Kommunalwahl einen Abschluss präsentieren, die Ferienflieger nutzten die günstige Gelegenheit zur Punktlandung und hielten sich eine Option auf drei weitere Jahre offen.


    Reihenweise Unvermögen


    Den Ärger anderer Sponsoren, die für genauso viel Geld weniger bekommen, schluckte Erwin. Auch das Entsetzen der WPF, die schwört, von dem Deal überrumpelt worden zu sein, offiziell aber schwieg, um einen Skandal zu vermeiden. Schon bei der Vergabe der Ausschankrechte fürs Bier habe die Betreibergesellschaft sich für das weniger lukrative Angebot entschieden, ist zu hören.


    Aus Angst, keinen Star zum Auftakt präsentieren zu können, schalteten die Verantwortlichen Paul Spiegel ein, um Herbert Grönemeyer zu bitten. Der Künstlervermittler ließ sich den Anruf nach NRZ-Informationen mit 150 000 Euro vergolden. Grönemeyer sahnte ab und verlangte gleichzeitig, dass die Eintrittspreise bei schmalen 35 Euro liegen müssten. Ein Zuschussgeschäft für die mit hohen Betriebskosten gestraften Betreiber. Auf Nachfrage, ob denn Geld hängengeblieben ist, giftete Erwin, dass solche Fragen nur in Düsseldorf gestellt würden.


    Ein Frankfurter Konzertveranstalter amüsierte sich darüber, dass die Planer vergessen haben, eine Licht-Traverse einzubauen. Künstler, die nicht mit Open-Air-Bühnen arbeiten, sondern feste Einrichtungen brauchen, können in der LTU-Arena im Grunde nicht auftreten. "Da wird Düsseldorf einiges durch die Lappen gehen", glaubt er.


    Selbst das finanzielle Gerüst ist keineswegs so stabil, wie es seine Errichter gerne hätten. Zwar baut ABB als übrig gebliebener Partner mit Walter Bau fertig, was rings um die Arena noch fertig zu bauen ist, darunter ein Hotel mit 500 Betten. Doch die Pleite der Augsburger führt zu Verzögerungen. Büros können nicht bezogen werden, ein Bowlingzentrum ist nicht fertig. Von den 9,1 Millionen Euro Pacht, die die Betreiber jährlich an die Besitzer überweisen müssen, können sie 2004 nur einen kleinen Teil erwirtschaften. Zumal neben Auftritten der Rhein-Fire-Footballer und zweier Drittliga-Kicks der Fortuna nur noch zwei Konzerte sicher sind: Marius Müller-Westernhagen und eine LTU-Jubiläumsparty mit noch unbekannter Besetzung. Der Versuch, Phil Collins dafür zu angeln, gilt als gescheitert. Die Vermarktung von Logen, Jahresmiete 40 000 Euro, läuft immerhin sehr gut, auch wenn bekannt ist, dass dort vor allem jene Platz nehmen müssen, die ohnehin schon finanziell mit der Arena verbandelt sind.


    Es fehlt am Geld


    Für die fehlenden Millionen in der ersten Jahresabrechnung wird eine Rücklage von Walter Bau bei der Bank herhalten müssen. Die Augsburger hatten 15 Mio. als Sicherheit für die Betreiber geparkt. So könne man theoretisch sieben Jahre ohne Veranstaltung auskommen, tönte Erwin mehrfach.


    Nach NRZ-Informationen sind von den 15 aber nur noch rund acht Mio. übrig. Nach drei Monaten. Unter anderem, weil die Besitzgesellschaft Umbaukosten auf die Betreibergesellschaft abgewälzt hat, für die sie eigentlich hätte aufkommen müssen. Doch der OB hat die Baukosten gedeckelt: 218 Millionen, keinen Cent mehr. Ein Grund, warum das gesunde Hochtief der kranken Walter Bau beim Bau den Vortritt ließ.


    Und weil Betriebskosten anfallen, bevor der erste Euro an einem Spiel oder einem Konzert verdient wird, musste die Betreibergesellschaft fleißig vorstrecken. Die 550 000 Euro starke Forderung eines Krefelder Unternehmers bediente sie erst, als dieser bereits eine Klage eingereicht hatte. Dass der Mann eine vertraglich abgesicherte Provision für die Vermittlung eines Hotel-Investors einstreicht, obwohl er am Investment letztlich selbst beteiligt ist, monierten Ratspolitiker. Aber sie erfahren das meiste ohnehin zu spät.


    So beeindruckend sie wirkt, wenn man Show oder Sport in ihr erlebt - die kurzfristigen Perspektiven für die LTU-Arena stimmen nicht unbedingt optimistisch. Wie lange die Football-Liga noch existiert, ist völlig offen. Und die Fortuna, mit der möglichst bald die Fußball-Bundesliga Einzug halten sollte, hat sich von ihren Aufstiegsambitionen in die zweite Liga erstmal verabschiedet, indem sie den Etat zusammengestrichen hat. Der Aufsichtratsvorsitzende sieht das natürlich völlig anders. Muss er auch. Er heißt Joachim Erwin.