Von Mathias Klappenbach, Handelsblatt
Die Bundesliga boomt, Deutschland ist Europameister - doch Handball-Vereine wie die HSG Düsseldorf haben finanzielle Schwierigkeiten BERLIN. Ein paar Auswirkungen sind schon zu spüren. Vor zehn Tagen ist Deutschland Handball-Europameister geworden, gleich danach kamen ganze Schulklassen in die Halle in Ratingen, um den Zweitligisten HSG Düsseldorf anzufeuern. Auch heute Abend, beim Pokal-Viertelfinale gegen den THW Kiel, werden 1500 Zuschauer erwartet. Und schon laufen vielversprechende Gespräche mit einigen, kleineren Sponsoren.
Aber das reicht nicht. Denn die HSG hat ein Problem: Der Tabellenführer der zweiten Bundesliga hat keinen Hauptsponsor und spielt schon die ganze Saison über mit blanker Brust. Die Spieler liefen bereits mit großen Fragezeichen vorne auf den Trikots auf und trugen Plakaten durch die Halle, auf denen "Wir sind zu kaufen" stand. Genutzt haben die öffentlichen Hilferufe nichts.
Sportlich stehen die Düsseldorfer vor dem Aufstieg in die stärkste Handball-Liga der Welt, wirtschaftlich sieht die Lage düster aus. Schon im Etat für die laufende Spielzeit fehlen 100 000 Euro. "Man muss sich langsam die Frage stellen, ob das alles überhaupt noch Sinn macht", sagt Präsident Erwin Schierle. "Ohne neue Sponsorenzusagen können wir nicht aufsteigen. Und die Zeit drängt", sagt Schierle.
Spitzenspielern wie Michael Hegemann liegen Angebote von Bundesligisten vor. Die gesamte Mannschaft hatte schon vor dieser Saison auf 30 Prozent des Gehaltes verzichtet, um den Kader zusammenzuhalten. Und Mitte März ist Abgabeschluss für die Lizenzunterlagen, der ohnehin schon kleine Etat von etwa 650 000 Euro müsste für die Bundesliga verdoppelt werden, um konkurrenzfähig zu sein. Dafür reichen die zu erwartenden Fernseheinnahmen bei weitem nicht aus.
Der Aufstieg wäre riskant. Das zeigen die Beispiele der Vereine, die sich trotz neuer Zuschauerrekorde in der boomenden Liga durch die Verpflichtung internationaler Topspieler übernommen haben. Beim ThSV Eisenach wurde das schon eröffnete Insolvenzverfahren wieder eingestellt, TuSEM Essen fehlen 800 000 Euro. Auch in Wallau-Massenheim verzichteten die Spieler auf einen Teil des Gehaltes.
Zudem spielen die Düsseldorfer in der kleinen Halle in Ratingen. Für das heutige "Spiel des Jahres" gegen den zehnmaligen Deutschen Meister aus Kiel hätte der Verein auch in die größere Philipshalle umziehen können. Das nächste Heimspiel gegen den Lokalkonkurrenten Solingen findet dort statt, um auch direkt in Düsseldorf präsent zu sein.
Doch die Spieler wollten im Pokal in Ratingen bleiben, wegen der Atmosphäre. Der Sieger nimmt am Final-Four-Turnier teil, das auch im Fernsehen übertragen wird. Da könnte man mit 50 000 Euro Gewinn rechnen. "Aber die Chancen auf einen Sieg gegen Kiel liegen nahe null", sagt Trainer Richard Ratka. Da solle man lieber Lotto spielen
HANDELSBLATT, Mittwoch, 11. Februar 2004, 10:55 Uhr